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Was passiert, wenn wir keine Nahrung zu uns nehmen | 5.2
Proteinstoffwechsel im Hunger |
Was passiert, wenn wir keine Nahrung zu uns nehmen
Der Energieumsatz
im Hunger wurde bis jetzt fast nur an Übergewichtigen Personen untersucht.
Generell wirkt Nahrungsentzug als starker Reiz auf den Stoffwechsel
(=Metabolismus = Alle
chemischen Vorgänge im Innern des Körpers). Der Metabolismus verlangsamt sich und die
katabole Situation (Katabol =
Gesamtheit der abbauenden chemischen Vorgänge im Körper) verstärkt sich. Es kommt zu
einem Absinken des Insulinspiegels im Blut. Die Folge ist eine Blockierung der
Glukoseaufnahme in Muskel- und Fettgewebe.
Der Glukosebedarf des Gehirnes wird zunächst durch Mobilisierung der
Glykogendepots aus der Leber aufrechterhalten. Der Mensch hat seine Glykogenreserven nach
ca. 24 Stunden verbraucht.
Nach dieser Zeit wird der Stoffwechsel auf den Verbrauch von Fett und Eiweiß zum Erlangen
der notwendigen Energie umgestellt.
Ein Gedanke, von dem man sich jedoch sofort befreien sollte liegt in der
Annahme, daß der Organismus im Hunger nur Fett verbrennt; dieses tritt erst nach
längerem Fasten ein. Es werden alle energetischen Vorräte im Körper angegriffen".
Dazu gehören die Fette, ebenso wie das Eiweiß und die Glykogenspeicher.
In diesem Zusammenhang sei noch auf eine weitere Beobachtung hingewiesen:
Beim Fasten kommt es am
Anfang zu einem schnellen Gewichtsverlust, der nicht durch den Abbau entsprechender
Fettgewebsmengen erklärt werden kann. Dieser frühe Gewichtsverlust ist für viele, die
Diät halten, ermutigend; aber letztlich handelt es sich hierbei um eine vermehrte
Ausscheidung von Natrium und Wasser.
Die Brennstoffvorräte
eines gesunden, nicht fettsüchtigen Menschen mit 70 kg Körpergewicht sind in der
folgenden Tabelle dargestellt:
Brennstoffe (in Geweben) |
kg |
Joul [kJ] |
Kalorien [kcal] |
Fett |
15 |
592200 |
141000 |
Proteine |
6 |
100800 |
24000 |
Glykogen (Muskel) |
0,150 |
2520 |
600 |
Glykogen (Leber) |
0,075 |
1260 |
300 |
Die Energiemengen, welche in Leber und Muskelglykogen enthalten sind, sind
im Vergleich zu den Fettgewebsspeichern winzig. Ein gut ernährter Mensch, der täglich
1800 kcal umsetzt verbraucht ca. (pro Tag):
75 g Protein
160 g Fett
180 g Glucose
Die 180 g Glucose stammen aus der Leber; von diesen 180 g werden 144 g von
den Nerven (Gehirn) vollständig zu Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) abgebaut und
verbraucht.
Im Hunger sind die Hormone Insulin erniedrigt und Glukagon erhöht. Diese
Hormonkonstellation führt vermutlich zu den Mechanismen, wie sie weiter unten beschrieben
werden. Der ganze Stoffwechsel richtet sich also dahin aus, daß genug Energie in Form von
Glucose zur Verfügung steht. Dabei ist der Organismus durchaus in der Lage aus anderen
Nährstoffen (Proteine und Fette) Glucose zu gewinnen.
Rolle der einzelnen Nährstoffe im Hunger:
Proteine
Muskelzellen spalten" genügend Proteine zu Aminosäuren, damit diese
Aminosäuren der Glucoseneubildung (Gluconeogenese) in der Leber zur Verfügung stehen.
Durch den vermehrten Abbau von Proteinen kommt es zum Anstieg der Harnstoffkonzentration (ein Abbauprodukt der Proteine) im Urin.
Harnstoff selber ist ein ausscheidungspflichtiger Stoff, der einer gewissen Verdünnung"
bedarf damit er löslich bleibt und ausgeschieden werden kann. Deshalb ist genügende
Flüssigkeitszufuhr nötig. Sind andererseits die Proteinvorräte verbraucht sinkt auch
der Harnstoffspiegel - es wird dann auch weniger Lösungsmittel" gebraucht. Die
Urinausscheidung kann auf 200 ml / Tag sinken (normal: 1000-1500 ml / Tag).
Fette
Bei einem Hungerzustand mit mangelnder Kohlenhydratversorgung ist auch der Insulinspiegel
niedrig. Das Insulin wiederum hält normalerweise das Fett in den Fettzellen zurück. Die
Fettzellen reagieren nun mit verstärkter Lipolyse (Abbau von Fetten) in ihren Zellen und
setzen genügend Fettsäuren frei. Diese werden so schnell weiterverwertet (zum
Acetyl-CoA), daß das entstehende Endprodukt nicht schnell genug in den nächsten
Stoffwechselzyklus eingebaut werden kann. Aufgrund dieser verstärkten Ansammlung des
Acetyl-CoA entstehen aus diesen dann sogenannte Ketonkörper. Nach mehrwöchigem Fasten sinkt der Energiebedarf
auf ca. 1500 kcal / Tag; jetzt wird vorwiegend die Glucoseneubildung aus Aminosäuren
eingeschränkt. Besonders das Nervensystem gewinnt nach einer gewissen Zeit nun die
Fähigkeit zur Verwertung von Ketonkörpern, so daß hier Proteine, die sonst zur
Glucoseneubildung herangezogen werden müßten gespart werden.